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40 Jahre Ökumene in Selb

Herr Herbert Achziger von der evangelischen Gemeinde „Christuskirche“, der von Anfang an dabei war, stöberte in den alten Protokollen:

Überregionale Ökumenische Kirchentage

1971Ökumenisches Pfingsttreffen 1971 in Augsburg
2003Ökumenischer Kirchentag in Berlin
2010Ökumenischer Kirchentag in München

Erste gemeinsame Gottesdienste in Selb

24.10.1971Evangelischen Stadtkirche St. Andreas
Predigt: Dekan Krämer (evang.) und Stadtpfarrer Eichinger (kath.).
Im gemeinsamen Glaubensbekenntnis wird statt „heilige christliche Kirche“ und „heilige katholische Kirche“, gemeinsam „heilige allumfassende Kirche, gesprochen. Im Kath. Jugendheim findet ein gemeinsamer Abend statt.
23.04.1972Pfingstmontag in der kath. Stadtkirche Herz Jesu
Predigt: Kaplan Vollath (kath.) und Vikar Westmüller (evang.).
11.06.1973Pfingstmontag in der evang. Christuskirche im Vorwerk
11.06.1974Predigt: Pfarrer Franz Tremmel (kath.)

Ökumenischer Arbeitskreis

In diesen Jahren gründete sich der Ökumenische Arbeitskreis, der sich regelmäßig mehrmals im Jahr trifft, um die gemeinsamen Gottesdienste vorzubereiten und um weitere gemeinsame Initiativen zu besprechen, wie z. B. eine Busfahrt zur Benediktinerabtei Niederaltaich mit ihrem Ökumenischen Institut.

Auszüge aus den Protokollen der Sitzungen des Ökumenischen Arbeitskreises in den vergangenen 40 Jahren geben einen Überblick über die Ökumene der beiden Konfessionen in Selb. Regelmäßig haben am Pfingstmontag und am Volkstrauertag gemeinsame Gottesdienste, abwechselnd in den vier Kirchen (Evang. Stadtkirche St. Andreas, Kath. Kirche Herz Jesu, Evang. Christuskirche und Kath. Kirche Heilig Geist) stattgefunden. Dabei haben die Geistlichen der jeweiligen Kirche, in der der Gottesdienst gefeiert wurde, die Liturgie mit Mitgliedern des Arbeitskreises vorbereitet. Die Predigt wurde jeweils von einem Pfarrer der anderen Konfession gehalten.

1973Im April findet erstmals ein gemeinsames Konzert der Kirchenchöre der Evang. Stadtkirche und der Kath. Herz Jesu Kirche zusammen mit einem Bläserquartett der Bamberger Symphoniker statt.
Eine gemeinsame Bibelwoche gestalteten die Pfarrer Stark und Tremmel im Lutherheim und im Kath. Jugendheim.
1977Gemeinsame Bildungsabende und ein Ökumenischer Gesprächskreis werden ins Leben gerufen.
1978Ab Juli wird wöchentlich die Ökumenische Kurzandacht „5 nach 5″, von Laien in der Evang. Stadtkirche angeboten.
Der Arbeitskreis besucht die Christus-Bruderschaft in Selbitz.
1979Die Selber Gesangvereine treten erstmals zugunsten der Aktion Miserior auf.
1980Im Juli wird der von der Leichenkasse gestiftete Brunnen auf dem Friedhof in einer ökum. Feierstunde übergeben.
Im Arbeitskreis wird ein Gespräch über „Die kath. Heiligen“ angeregt.
1981Während der Renovierung der Evang. Stadtkirche sollen die „5 nach 5″ Andachten in der Unterkirche von Herz Jesu stattfinden.
Eine gewisse Müdigkeit im ökumenischen Miteinander wird spürbar. Der Gesprächskreis ist schlecht besucht. Die Kollekten der ökumenischen Gottesdienste sind rückläufig. Eine Gruppe von 15 Personen verschafft sich neue Eindrücke über „5 nach 5″ bei einem Besuch in Bayreuth.
1982Die Jugendlichen beider Konfessionen geben vier gemeinsame Termine bekannt:
Jugendkreuzweg, Johannisfeuer, Jugendgottesdienst und Waldweihnacht.
1983Im April findet eine Zusammenkunft der Kirchenvorsteher, der Pfarrgemeinderäte und der Kirchenverwaltungen statt. Diese Treffen sollten fortgesetzt werden, eventuell aufgeteilt in Innenstadt- und Vorwerk- Gemeinden.
1984Bei der Nachbesprechung des Gottesdienstes im November in Herz Jesu wird der gute Besuch (ca. 400 Personen) positiv gewertet. Dagegen enttäuschte die Besucherzahl in der Bibelwoche und beim Jugendkreuzweg. Eine erneute Fahrt des Arbeitskreises nach Niederaltaich war für die Teilnehmer sehr eindrucksvoll.
1985Im ÖKA (Ökumenischer Ar­beitskreis) wird die gegenseitige Anerkennung der Taufe als verbindendes Element dargestellt.
1986Der gute Besuch des Ök. Gott­esdienstes am Volkstrauertag trägt dazu bei, dass die gemeinsamen Gottesdienste am Pfingstmontag und am Volkstrauertag auch weiterhin zu den Hauptgottesdienstzeiten um 9.30 Uhr stattfinden sollen.
1987In einem Gespräch über die Eucharistiefeier im Vergleich zum Abendmahl wird festgestellt, dass in der Liturgie eine weitgehende Übereinstimmung besteht. Trennend ist vor allem das unterschiedliche Amtsverständnis. In einem Vortrag von Pfarrer Müller (kath.) verliest dieser einen Beitrag von Kardinal Ratzinger, bei dem in dieser Frage eine theologische Bewegung von Seiten der kath Kirche erkennbar wird. Dabei könnte die apostolische Sukzession (Nachfol­ge) mehr theologisch als formalistisch betrachtet werden. Das Ziel der ökumenischen Bestrebung wäre dann die gegenseitige Anerkennung der Ämter, wie sie etwa im Limapapier formuliert ist.
1988In einer Besinnung beim Treffen des ÖKA verliest Pfr. Müller Auszüge aus einem Gespräch des evang. Landesbischofs Dr. Hanselmann mit Papst Paul II. bei dessen Besuch in Deutschland. Dabei wird Übereinstim­mung in zentralen Glaubensfragen festgestellt und betont, dass das Gemeinsame tiefer als das Trennende sei. Dekan Schindler verweist auf ein Referat des kath. Theologieprofessors Dr. Ernst Zuhlehner aus Wien. Interessant dabei waren die Passagen: „Was Protestanten von den Katholiken lernen können und umgekehrt.“
1989Für September ist erstmals eine Ök. Kinderbibelwoche vorgesehen
1990In der Februar-Sitzung wurde ausführlich über konfessionsverschiedene Ehen gesprochen. Dabei wurde festgestellt, dass in der kath. Kirche in Selb diese Eheschließungen die Regel sind.
1991An der Ök. Kinderbibelwoche nehmen ca. 100 Kinder teil. 25 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind im Einsatz. Am Gottesdienst am Pfingstmontag nehmen auch ein orthodoxer Priester und der kath. Pfarrer aus Asch teil.
1993Beim Thema „Eucharistie“ gehen die Meinungen auseinander.
Pfr. Foltin (evang). fasst zusammen: „Die Trennung der Konfessionen am Tisch des Herrn ist ein Luxus, den wir Christen uns nicht leisten können!“ In der Juli-Sitzung wird nach einem Referat von Dekan Steib über „Der katholische Kirchenbegriff aus evangelischer Sicht“ ausführlich diskutiert. Eine Bildungsfahrt nach Bad Griesbach war ein voller Erfolg und ist allen Teilnehmern in guter Erinnerung.
Die Feststellung, dass in Selb in Zukunft Schüler ohne Bekenntnis einen immer größeren Teil der Religionsge­meinschaften bilden, überrascht und gibt zu denken. An erster Stelle: evangelische, an zweiter Stelle diverse, an dritter Stelle: islamische und an vier­ter Stelle: katholische Zugehörigkeit.
1994In einer Sitzung im April wird von katholischer Seite das Buch: „Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden“ von H. Küng vorgestellt. Zwei Mitglieder der türkischen Religionsgemeinschaft der Aleviten berichten im ÖKA über ihre Glaubensgemeinschaft.
1996Im Rückblick auf die Arbeit im 2. Halbjahr 1995 wird festgestellt, dass der ÖK. Gottesdienst am Volkstrauertag rückläufig war und nur wenige Besucher zum gemeinsamen Gedankenaustausch geblieben sind.
1997Ein Besinnungstag mit Dr. Boss (kath.) im Haus Silberbach ist mit 30 Personen gut besucht.
Der ÖK. Pfingstgottesdienst ist sehr schlecht besucht. Einig sind sich die Mitglieder des ÖKA über die gelungene Gestaltung des Gottesdienstes. Am Termin soll festgehalten werden.
1998Der ÖKA beschließt die bei­den tschechischen Pfarrer Dr. Krivka und Kucera mit ihren Gemeinden zum Gottesdienst am Pfingstmontag einzuladen. Die Kollekte soll den Hochwas­sergeschädigten in Tschechien zugute kommen.
In der Sitzung im Juni gibt es zum vorgenannten Gottesdienst unterschiedliche Meinungen. Orthodoxe Gesänge und unverständliche schlechte Übersetzungen waren zu lang und nicht geplant.
1999Das Thema einer Sitzung ist die gemeinsame Erklärung der Rechtfertigungslehre. Sie wird ausführlich besprochen und diskutiert. Es wird festgehalten, dass nach den lutherischen Landeskirchen auch Rom die „Gemeinsame Erklärung“ unterschreibt.
2002Nachdem die Besucherzahlen von „5 nach 5″ extrem zurückgegangen sind, wird vom Arbeitskreis eine schöpferische Pause vom Juni bis einschließlich Oktober vorgeschlagen. Im September wird zum Thema: „Selbstverständnis des Ökumenischen Arbeitskreises“ eingeladen.
2003Pfarrer Jobst (kath.) referiert über das Thema: „ Heilige Schrift und Tradition“. Aus seiner Sicht habe sich im ökumenischen Dialog schon sehr viel bewegt, wenn man das Verhältnis der beiden Kirchen, etwa zur Zeit der Reformation, ansieht. Pfarrer Tremmel und Hr. Achtziger berichten positives vom Ök. Kirchentag in Berlin.
2004Eine Ök. Bibelnacht erhält viel Zustimmung von den Teilnehmern. Der monatliche Besuch der Gebetshäuser im Selber Raum wird bei einigen Mitgliedern gerne angenommen, wenn auch der Besuch etwas größer sein könnte. Eingeladen wird zum Alexandersbader Ökumenetag. Bischof Müller aus Regensburg wird über den evang. Theologen Bonhöfer referieren.
2005Ein „Tag des Friedhofs“ Ende 2004 ist sehr gut besucht. Neu angeboten wird die Benutzung der Gottesackerkirche bei Bestattungen und Einäscherungen.
Eine Ök. Wallfahrt auf dem Stationsweg von Waldsassen zur Kappel wird einhellig positiv beurteilt und soll andernorts wiederholt werden.
2007Ein voller Bus fährt zur Ök. Wallfahrt zur Christusbruderschaft nach Selbitz. Pfarrer Jobst regt an, dass sich der ÖKA solidarisch mit den Rosenthalarbeitern erklären soll. Die Teilnahme an einer Demonstration und ein Porzellankreuzweg sind geplant. Ein Weihegottesdienst für die Torkapelle des Vereins ENKL findet am Ackerl statt. Es wird festgestellt, dass die Ökumene momentan wieder stagniert. Die Rechtfertigungslehre hat zwar große Hoffnung geweckt, aber in letzter Zeit ist wieder Stillstand eingetreten.
2008Die Mitglieder des ÖKA beschäftigen sich mit den Orthodoxen Kirchen, anhand eines Berichtes von der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung (EÖV 3) in Sibiu/Hermannstadt (Rumänien). Im Jochen-Klepper-Haus findet ein Ök. Studientag statt.
Thema: „Die Orthodoxe Kir­che – Theologie, Spiritualität, Gottesdienst.“
2009Der ÖKA trifft sich erstmals in Erkersreuth. Diskutiert werden Ereignisse zwischen Vatikan und Judentum. Pfarrer Henkel sieht eine Kampagne der Medien und verschiedener Politiker. Eine Pressemitteilung soll an die Zeitung übergeben werden.
Bei einem Weihnachtsmarkt in Buchwald am Totensonntag sieht der ÖKA ein Einschleichen von immer mehr Sonntagen zum Einkaufen. Dagegen soll eine Postkartenaktion gestartet und ein Brief an den Oberbürgermeister geschickt werden
2010In der ersten Sitzung im Jahr wird die Frage diskutiert ob eine Anerkennung des Papstes von lutherischer Seite denkbar wäre. Darüber herrscht keine Einigkeit. Während die Predigt von Pfarrer Klier (kath.) am Volkstrauertag in der evang. Stadtkirche sehr gelobt wurde, ist man der Meinung, dass die Ehrenamtlichen wieder wie bisher, gut vorbereitet, in den Gottesdienst eingebunden werden sollen. Die Bezeichnungen „Weih­nachtsmarkt“ am Volkstrauertag, und „Ostermarkt“ in der Passionszeit, führen zu Auseinandersetzung zwischen den Kirchen und den Veranstaltern. Ein Ökumenischer Gottesdienst zum Fest der Porzelliner im Bürgerpark soll wieder stattfinden.

Ökumene am Karfreitag

Nach der Überlieferung der Bibel ist die Todesstunde Jesu um die neunte Stunde, das ist um 15:00 Uhr nachmittags. Am Karfreitag zog kurz vor 15:00 Uhr von der evangelischen  Christuskirche eine Prozession evangelischer Christen los. Zur gleichen Zeit kam von der katholischen Heilig – Geist – Kirche eine Prozession Sie trafen sich an dem großen Stein beim Gymnasium vor der Handwerkskammer an dem Platz, an dem in früheren Jahrhunderten in der Nähe für Selb der Richtplatz und der Galgen gestanden haben soll.

Dort wollten die beiden Gemeinden gemeinsam zur Todesstunde Jesu des Leidens und Sterbens Jesu gedenken. Zum Gedenken an den Unschuldigen von Nazareth, der für die Welt am Kreuz gestorben ist wurde auf dem Stein ein großes Kreuz aufgestellt. In diesem Kreuz sind alle Leiden, alle Kreuze der Welt aufgenommen und mitgetragen. Vor dem aufgerichteten Kreuz brachten die Christen der beiden Gemeinden in einer Litanei ihre Anliegen vor Gott. Nach der Ansprache von Pfarrer Ulrich Schineis legte jeder der Anwesenden seine Hand an das Kreuz. Mit dieser Geste band jeder für sich sein eigenes Kreuz mit dem Kreuz Christi zusammen.

Die kleine Gedenkfeier endete mit den Passionslied
“O Haupt voll Blut und Wunden“. Anschließend zogen die beiden Gemeinden jeweils in ihre Kirche. Die Feier war eine schöne ökumenische Geste. Die zentralen Geheimnisse unseres Glaubens, Tod und Auferstehung Jesu, können wir gemeinsam feiern.

Neue Impulse

Das Treffen des Kirchenvorstandes der evangelischen Gemeinde „Christus-Kirche“ mit der katholischen Gemeinde „Heilig Geist“ gab der Ökumene neue Impulse. Es ist gut, dass die beiden gewählten Vertretungen der Gemeinden die Ökumene mittragen. Der gemeinsame Grund ist vor allem die Bibel. Sie ist immer auch Mittelpunkt und Grundlage aller ökumenischen Bemühungen.

Das Jahr 2005 begann auch gleich mit einem wichtigen ökumenischen Ereignis, dem Bibelsonntag. Die Gemeinde Heilig Geist zog um 9:30 Uhr ein einer Prozession auf die andere Straßenseite zur Gemeinde „Christuskirche“, die sich dort zum Gottesdienst versammelt hat. Voraus wurde die Bibel und das Kreuz getragen. Wie bei der Fronleichnamsprozession der gegenwärtige Christus in der Hostie voraus getragen wird, so wurde hier der gegenwärtige Christus in seinem Wort voraus getragen.

In der Christuskirche feierten die beiden Gemeinden Gottesdienst. Anschließend zogen sie miteinander in einer Prozession – wieder mit dem Wort Gottes und dem Kreuz voran zur Heilig–Geist-Kirche. Dort fand der gemeinsame Bibelsonntag seinen Abschluss in der Eucharistiefeier, bei der die evangelischen Christen zu Gast waren.

Ein weiteres wichtiges ökumenisches Geschehen um die Bibel sind die ökumenischen Gesprächskreise. In diesem Jahr ist das Buch Kohelet die biblische Grundlage der Gespräche. Besonders erfreulich ist wieder , dass sich die Religionslehrer beider Konfessionen bereit erklärt haben, die Gesprächleitung zu übernehmen.

Am Karfreitag treffen sich um 14:30 Uhr vor der Karfreitagsliturgie wieder beide Pfarreien zu einer Ökumenischen Andacht am Felsen der Berufsschule.